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In Extremo - 20 Wahre Jahre Festivalbericht

Titel

Zum 20. Bandjubiläum haben die Mittelalter Rocker In Extremo wirklich nichts anbrennen lassen. Deutschlands schönstes Open Air Gelände, die Loreley Bühne, wurde kurzerhand von der Band für das 1. September Wochenende gemietet, um darauf inklusive befreundeter Bands an zwei Tagen je eine zwei stündige Best of Show der vergangenen Jahre abzuliefern.


Aber nicht nur das, natürlich gehört es sich für eine Mittelalter-Rockband, dass ein Mittelaltermarkt nicht weit entfernt aufgebaut wird. Und auf diesem gab es nicht nur die berühmten Utensilien zu erwerben, sondern gleich ebenfalls noch eine Bühne, auf der u.a. Conny Fuchs, ihres Zeichens Mitbegründerin und damalige Dudelsackspielerin von In Extremo, mit ihrer jetzigen Kapelle auftrat.
Und noch eine Bühne gab es im Zelt, dort wurde nach dem Curfew eine After Show Party mit Mambo Kurz und DJ Günther abgehalten. Der allerdings nahm sich den Anlass für meinen Geschmack etwas zu sehr zu Herzen und spielte auf einen "normalen" Song gleich drei oder vier In Extremo Stücke. Geburtstag hin oder her, aber neben dem Live Programm war das vielleicht etwas zu viel des Guten.
Die Band selbst ließ es sich nicht nehmen, am Donnerstag vor dem offiziellen Start zu einer Rheinschifffahrt einzuladen und dort einen Akustik Set zu spielen. Diese war allerdings schon kurz nach Bekanntgabe restlos ausverkauft (wie übrigens auch das Festival in der Woche vor Beginn).


Ansonsten gab es Getränke mal wieder zu den üblich überzogenen Festivalpreisen (umgerechnet 0,1 Liter für 1 Euro, egal ob Bier, Limo oder Wasser), normale Essensstände mit einer leider unleckeren Bratwurst, dafür aber auch etwas ausgefallenere Burger und es gab einen Met und Guinessstand. Eindeutig besseres Essen fand sich draußen an den Mittelalterständen.
Sehr lobenswert war die Security und deren Einlasskontrolle, beschränkte sich diese doch auf das Bändchen und stichprobenartige Taschenkontrolle und keine überzogenen abtastereien.
Parken und Zelten waren gut organisiert und richtig cool war, dass sich die Band anscheinend selbst davon überzeugen wollte, denn diese war mehrfach beim Rundgang über das Gelände zu beobachten. Stand also einem gelungenen Festival nichts mehr entgegen, also Vorhang auf für den Festivalbericht:

Freitag 04.09.2015

 

Eigentlich sollte der erste Festivaltag um kurz nach zwei mit der kroatischen Band Manntra beginnen, doch diese blieben ohne Ankündigung dem Treiben fern. Später am Tag aber wurde noch durchgegeben, dass die Band zu einer bestimmten Uhrzeit im Zelt spielen würde, anscheinend gab es also ein Anreiseproblem.


So durften also die Israelis von Orphaned Land das Treiben eröffnen. Sänger Kobi warf gleich zu Beginn mal seine Badelatschen davon und auch wenn die Ähnlichkeit unübertroffen scheint, er stellte direkt klar "i want to tell you ich bin nicht Jesus". Der sehr orientalisch angehauchte Prog Metal der Exoten bekam in dem noch spärlich besuchten Amphitheater auf jeden Fall in den unteren Reihen guten Applaus.


Omnia kamen danach ohne E-Gitarre, dafür aber mit seltenen Instrumenten wie Didgeridoo und sehr außergewöhnlichen, coolen Gewändern auf die Bühne. Lustig auch die erste Ansage: "Ihr braucht nicht zu klatschen, das war nur der Soundcheck". Textlich wurde viel über die Umwelt und deren dringend benötigten Schutz rüber gebracht.


Außergewöhnlich, aber gänzlich anders, ging es dann mit Russkaja weiter. Der Party-Polka-Rock kam einfach nur witzig rüber und die Band selbst verstand es innerhalb ihrer Spielzeit, dass mittlerweile doch ordentlich gefüllte Theater auf ihre Seite zu ziehen. Kein Wunder bei den geil lustigen Ansagen mit russischem Akzent. Da wurde gelacht, gefeiert und getanzt. Perfekter Anheizer mit sicherlich neuen Fans.


Und die Party ging weiter mit Korpiklaani, wobei man diese Band nicht nur auf ihre Trinklieder reduzieren darf. Denn auch hier kommen mystisch angehauchte oder ernsthafte Lieder durchaus gelungen zur Geltung. Doch nach solch einem Spaßfaktor hätte die Band sich eher mal auf ihre Partysongs selbst reduziert, denn es war zwar kein Zuschauerschwund vorhanden, aber durch die fehlende Animation gab es nur vereinzelte Tänzer im Halbrund, während der Rest eher lauschte. Also leider ein leichter Abstieg der Stimmungskurve.


Dafür fand die Meute dann bei Schandmaul kein Halten mehr. Das Amphitheater, mittlerweile gefüllt wie (für mich) noch nie zuvor (was der Samstag aber nochmals toppen sollte), hüpfte auf Ansage, tanzte und sang Textsicher mit. Ganz klar, hier war die selbe Fanschar anwesend. Kein Wunder, da Schandmaul ja bekanntlich ebenfalls Mittelalter-Rock spielen. Die rote Schürze von Geigerin Anna erinnerte (ungewollt?) an die bayrische Herkunft der Band und Sänger Thomas sorgte für Sympathiepunkte, als er sich auf der Bühne artig bei In Extremo Sänger Micha für die jahrelange Unterstützung bedankte. So kann man auch als konkurrierende Band befreundet eine Bühne teilen und jeder gewinnt dabei.


Und dann wurde es Zeit für den Headliner In Extremo. Der "Erdbeermund" eröffnete das erste Set dieses Wochenendes und die Stimmung war, wie sollte es anders sein, ganz weit oben. Natürlich geizte die Band nicht mit Feuerwerk, Pyros, bengalischen Lichtern und was es sonst noch so alles gibt, um Bühne und Publikum zu erleuchten und für ein wenig Wärme zu sorgen.
Die Band selbst, natürlich super aufgelegt, spielte routiniert und auch wenn natürlich die Show überbombastisch war, kamen an diesem Freitag zumindest musikalisch endlich wieder nostalgische Erinnerungen an die Anfangstage. Denn die Setlist bezog sich bis auf minimale Ausnahmen nur auf die ersten zehn Jahre. Und da gab es bekanntlich weniger Partysongs, sondern mystisch angehauchtes, meist traditionelles Liedgut. Aber eben auch selten gespieltes und so brannte dann der berühmte In Extremo Galgen bei "Werd ich am Galgen hoch gezogen".
Beim "Palästinalied" wurde der berühmte (und jahrelang schmerzlich vermisste) Doppelklatscher vom Publikum gefordert und neben einem "Ave Maria" wurde auch ein "Rotes Haar" besungen. Bei diesem aber kam das letzte Einhorn (bei solch einer Setlist dürfen ruhig die alten Pseudonyme wieder her) zum Schluss hin etwas ins Straucheln, was sich auf die Band auswirkte. Das Lied hat aber auch einen seltsamen Aufbau, aber dadurch, dass die Sieben dann selbst auf der Bühne zuerst rätselhaft guckten und dann über sich selbst lachten, machte dies die Situation einfach nur sympathisch und menschlich. Wenn das nicht passiert wäre, man hätte es inszenieren müssen, denn sowas gehört einfach dazu, wenn man lange nicht gespielte Live Klassiker hören möchte, die wirklich live dargeboten werden.
Der "Spielmannsfluch" durfte genau wie "Ai Vis Lo Lop" natürlich nicht fehlen und mit einem mit Donner und Regenschauer (nur vom Band) beginnenden "Villeman Og Magnhild" endete dann viel zu früh der erste Abend dieser Beispiellosen Band. OK, selbst nach drei Stunden hätten meine Zeilen nicht anders geklungen, denn von solchen Songs und solch einer spielfreudigen Band, gepaart mit dieser Show und diesem Publikum kann kein Konzertabend lange genug sein. Und der gespielte "Albtraum" sorgte noch am nächsten Tag mit seinem abgedrehten psychotext für einige Lacher.

 

 

 

 

 

Samstag 05.09.2015

 

Am zweiten Tag startete das Festival eine Stunde früher. Und zwar mit dem Bandcontestgewinner des Donnerstags. Diesmal kam die Band nicht zu spät, sondern der Verfasser dieser Zeilen.


So waren dann als nächstes C.O.R. dran. Die Band aus Rügen spielte Hardcore-Punk ohne jeglichen Schnickschnack oder Allüren und die Ansagen des Sängers waren im Kern zwar richtig gute Dinge, kamen aber rüber, als wolle er in der halben Stunde einen Exkurs in Sachen Weltpolitik und Weltanschauung bieten. Ein wenig überambitioniert, dennoch aber Daumen hoch für den Inhalt und die Musik.


Dritte Wahl zelebrierten dann in ähnlicher stilistischer Richtung weiter und das Amphitheater begann dann auch langsam sich zu füllen. Dr. Pymonte, seines Zeichens einer der Dudelsackspieler (oder auch der Mann an der Harfe, Anm. von mir selber), bewies dann auch gleich mal, dass hier allesamt Bands am Start waren, die der Headliner sich selber wünschte, denn der große Mann servierte seiner "Vorband" ein paar Drinks auf einem Tablett und verneigte sich nach dem Kredenzen höflichst. Coole Aktion.


Fiddler's Green, die auch schon auf dem 15jährigen Jubiläumsfestival von In Extremo (man erinnere sich: Erfurt) anwesend waren, zogen das Publikum dann zur Nachmittagsstunde weg von der Gesellschaftskritik und hinein in den Spaßfaktor. Denn den erreicht man bei einem Konzert der Irish-Folk Band problemlos, zumal die Band auf der Bühne ebenfalls an allen Ecken und Enden jederzeit Vollgas gibt.


Die Industrial Pioniere Die Krupps hingegen hatten kein so leichtes Spiel. Wie am Tag zuvor, als der Spaßfaktor angekurbelt war, ist es natürlich schwierig, dieses Level der leichten Musik zu halten. Zumal von der elektrischen Gitarre irgendwie nichts bis gar nichts zu vernehmen war, was sich dann oben eher wie Techno ala Prodigy anhörte, denn nach einer "Metal Machine Music". Da waren die Erwartungen höher, aber wie gesagt, es kann auch an technischen Problemen gelegen haben. Man weiß es nicht, man munkelt eben nur.


Danach aber bei Eluveitie stimmte die Stimmung (oh wei, Anm. von mir selbst) dann aber wieder. Die Schweizer sind seit ihrer Gründung 2002 irgendwie durchgehend auf einem aufsteigenden Ast und so langsam beschlich einen das Gefühl, als wäre es um diese Uhrzeit schon voll (oder voller) als am Vortag. Dies kam der Band natürlich zu Gute, die sich mit ihren beiden Songs "Inis Mona" und "Alesia" dankbar zurück zogen.


Die zweite Industrialband an diesem Tag, Eisbrecher, kam dann bedeutend besser an. Kein Wunder, denn im Gegensatz zu Die Krupps sind die Songs von Eisbrecher allgemein auch mehr auf den heutigen Zeitgeist zuschnitten, denn während erstere als Inspirationsquelle für Deutschlands größte Industrialband gilt, reiten Eisbrecher eher auf der von Rammstein geebneten Welle. Aber die Band als Abklatsch zu bezeichnen wäre auch nicht fair, denn die Münchner haben in ihrer Bandgeschichte durchaus ihren eigenen Sound gefunden, der beim Publikum auch bestens ankam.


Aber egal wie gut oder schlecht oder gleichgültig einem die Vorbands auch gefallen hatten, an diesem Tag drehte sich eigentlich wieder alles nur um das Geburtstagskind: In Extremo. Am zweiten Tag, der also, ebenfalls mit wenigen Ausnahmen, die zweiten 10 Jahre beleuchtete, startete die Band mit "Sängerkrieg". Und danach ging es Schlag auf Schlag: "Zigeunerskat", "En Esta Noche", "Nur ihr allein", man merkt deutlich, hier ist nichts mehr von der mystischen Stimmung übrig, dafür regiert die gute Laune, die die Band irgendwie mühelos an jedem Tag auszustrahlen scheint. "Mein rasend Herz" (das aber erst als vorletzter Song gespielt wurde) kann sich gar nicht entscheiden, welche Phase mir besser gefällt, denn beides hat was für sich und sucht in dieser Liga seinesgleichen.
Eine Sache jedoch, die mir schon auf dem Wacken Konzert aufgefallen ist, gefällt mir nicht: Die Abänderung des Refrains von "Himmel und Hölle". Mag sein, dass diese zahmere Version leichter live zu singen ist, aber so abgeändert schwächt es diesen geilen Song und das Publikum schaute auch öfter mal irritiert von links nach rechts, da es ja die Studioversion gewöhnt ist und diese lauthals mitsingen wollte.
Egal, jammern auf hohem Niveau, denn "Belladonna", "Frei zu sein" und "Sieben Köche" ließen schnell alles andere vergessen. Aber auch besinnliches wie "Gaukler" oder "Auf's Leben" wurde gebracht und auch wenn hier etwas Melancholie mitschwingt, sind diese Lieder dennoch weit entfernt von Traurigkeit. Einfach genial.
Traurigkeit machte sich eher breit, als bei dem Zugabenblock klar wurde, dass auch dieser Abend bald zu Ende gehen würde, denn eins ist sicher: Solch eine spielfreudige Band, solch eine bombastische Pyroshow, solch eine traumhafte Kulisse und solch ein geiles Publikum, das sind in der Erinnerung zwar Momente für die Ewigkeit, könnten aber im realen Leben ruhig auch ewig andauern. Doch mit dem "Vollmond" war dann leider die Zeit um und dieses großartige Festival ging mit einem Feuerwerk, gespendet von der Crew für die Band, zu Ende.

 

 

 

 

12.500 Leute verließen bei ekligem Wetter (es regnete schon seit Stunden mit schönem kalten Wind) das Gelände in der Hoffnung, in 5 Jahren ein ähnliches Spektakel erwarten zu dürfen. Verdient hätten es alle: Helfer, Crew, Band und vor allem wir, die Fans! Auf 20 Jahre IN EXTREMO!


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