In Extremo, Hassliebe (Mainz, 2013)
In Extremo, Hassliebe
Mainz, Phönixhalle, 28.11.2013
Mit „Kunstraub“ haben IN EXTREMO ein meiner Meinung nach saustarkes Album abgeliefert, dass die Band natürlich auch mit einer Tour live präsentiert. Und da die Truppe nicht nur live immer schon eine Macht ist und ordentlich Showeffekte zu bieten hat, sondern auch ordentlich viel vom aktuellen Album präsentiert, lohnt sich ein Besuch auf einem Konzert eigentlich immer und so ging’s diesmal nach Mainz in die Phönixhalle. Der Einlass ging trotz riesiger Schlange richtig fix über die Bühne und zeigte, dass das ganze Team der Halle sehr gut eingespielt war. Dickes Lob dafür. Abzüge gibt’s aber (wie immer in letzter Zeit) bei den Getränkepreisen: 3 Euro für ein 0,3er Bier ist zu hoch. Egal ob‘s langsam Standard wird, ich werde es nicht müde dies zu erwähnen. Und ebenso halte ich es für Geldmacherei, wenn man Einweg-Plastikbecher mit einem Euro Pfand ausgibt. Entweder richtige Becher oder kein Pfand.
Als Support auf dieser Tour waren die Deutschpunks mit metallischem Anstrich von HASSLIEBE mit dabei. Die Band hat ein paar starke Songs und Ohrwürmer auf ihrem Album und präsentierte diese am Abend auch ordentlich laut und druckvoll. Für das „Mainstream“-Publikum vielleicht zu metallisch, aber da mussten die Leute eben durch. Natürlich hat‘s eine Vorband von IN EXTREMO immer schwer, doch zwischen den Songs kam schon mehr als nur Höflichkeitsapplaus auf, Mitklatschanimationsversuche wurden auch vom vorderen Drittel erwidert und die Stimmung stieg während des Gigs merklich nach oben. Sympathie Punkte sammelte Sänger Matt, als er beim Song „Niemandsland“ während dem Singen ein wenig Crowd-Surfing betrieb und sich auch mal ein Bier reichen ließ. Lustige Aktion die zudem gut ankam. Meines Erachtens hätte der Song „Alltagsprogramm“ noch etwas später in die Setlist gehört, aber letztlich dürften die wenigsten der Anwesenden überhaupt einen Song gekannt haben. Einige Freunde dürfte sich die Band aber erspielt haben, aber Matt muss ganz schön aufpassen, dass er nicht einfach als Campino Kopie durchgeht, denn Outfit (Trägershirt), Frisur (strubbelige blondierte Haare) und Stimme erinnerten doch stark an den Hosen Sänger. Nicht das dieser kein gutes Vorbild als Sänger und Entertainer wäre, aber abkupfern hat die Band bestimmt nicht nötig.
Nach kurzer Umbaupause kommen die zwei Dudelsackspieler Flex und Yellow Pfeiffer auf die Bühne und spielen das Piper-Solo vom Titelstück des letzten Albums als Intro und mit einem Knall fällt der Vorhang und die gesamte Band zockt daraufhin den „Kunstraub“. Schlagzeuger Specki grinst ohne Ende und da sieht man auch die richtige Freude auf den Auftritt. Generell muss ich sagen, ich habe die Band schon sehr sehr oft gesehen, aber heute kamen mir alle extrem locker, entspannt und eben spielfreudig vor. Zwar hatte Micha zu Anfang einen kurzen textlichen Patzer drin und ging mit eingezogenen Schultern irgendwie unsicher ein paar Schritte auf der Bühne zurück, aber sowas ist menschlich, passiert und wird jederzeit von den Fans verziehen, zumal es bestimmt nicht einfach ist, sich mal gerade 7 oder 8 neue Texte zu dem vorhanden Pensum auswendig reinzuschaufeln. Aber die Atmosphäre fing den Sänger auch schnell wieder ein und zu späterer Stunde (beim Song „Der die Sonne schlafen schickt“) fing das letzte Einhorn sogar noch an, ein wenig auf der Bühne zu tanzen. Natürlich kamen auch die Standards wie „Spielmannsfluch“ oder „Küss mich“ zum Zuge, aber auch Uraltmaterial wie „Ai Vis Lo Lop“ oder „Herr Mannelig“ wurde gezockt. Es war eine sehr abwechslungsreiche Setlist, gespickt mit sehr vielem neuen Material, darunter „Lebemann“, „Feuertaufe“, „Beladonna“, der Supersong „Himmel und Hölle“ oder die Ballade „Alles schon gesehen“, die allesamt genauso gut ankamen wie die Uraltsongs. Dies zeigte ganz deutlich: Auch wenn ein großer Unterschied zu den Anfangstagen der Band besteht, live passt das alles wunderbar zusammen und egal welche Phase die Band hat oder hatte, sie schreiben einfach nur geile Songs die ordentlich Spaß machen und zum abfeiern einladen.
Und so feierte die Band selber ebenfalls den Gig, bei abwechselnden blauen, roten oder einfach nur riesigen Feuerfontänen und selbst die beiden Saitenfraktionen wechselten mal an die Front ins Scheinwerferlicht – wahrscheinlich genötigt vom Rest der Band. Ebenfalls wurde natürlich der obligatorische Applaus für die „gesamte geile Crew“ gefordert, wobei ich zu 100% bestätigen kann, dass dies keine leeren Worte sind, sondern die Band mit ihren Mitarbeitern eine einzige große Firma ist, bei der es keine Unterschiede hinter den Kulissen gibt, wer welche Rolle inne hat.
Und so vergingen die zwei Stunden natürlich viel zu schnell und man wünscht sich irgendwie, dass das Konzert noch aussteht, so dass man wieder in den Genuss solch eines coolen Abends kommt. Mit „Villeman Og Magnhild“ zum Schluss gab‘s noch das Sahnehäubchen oben drauf und wenn sich dann noch mehr als nur der Biegsame am Ausgang gezeigt hätten, wäre das Glück nicht mehr fassbar gewesen. Im Ernst: es war eine Topvorstellung, einer Topband mit einer super Setlist und geilen Bühnenshow und einem feierwütigen Publikum. Was will man eigentlich von einem Konzertabend mehr?
(Röbin)