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Igorrr - Savage SinusoidIgorrr - Savage Sinusoid

(Metal Blade)

 

Wenn sich französische Folklore mit russischer Polka zu einem stimmigen, rifflastigen Blastbeat-, Dubstep- und Hardcore Techno/Breakcore Drumgewitter zusammenbrauen lässt, dann treten IGORRR an die elektronische Werkbank. „Savage Sinusoid”, was wohl so viel wie wilde und ungestüme Frequenzwellen oder Frequenzbereiche bedeuten soll, ist eine nahezu perfekte Bezeichnung für die musikalischen Verwerfungen des französischen Musikers und Komponisten Gautier Serre. Bizarre, elektronisch hervorgerufene Manipulationen, vermischen sich mit Stilen aus dem Metal-, Jazz-, Elektro-, Klassik- und Barock-Bereich zu einem tragfähigen Crossover Mix der verschiedensten Extreme. Blastbeats treffen auf Akkordeon, Saxofon, Sitar, Cembalo, Mandoline, Streicher oder Zigeunergeiger. 

© Svarta Photography

Untermalt wird das Ganze von disharmonischen grollenden Sounds, schweren, donnernden Riffs, lustigen, polkaartigen Rhythmen, bösen, durchgeknallten Grunts und durchsetzungswilligem, operettenhaftem Gesang. Krasse Breaks, extreme Wechsel, allgemeines, hektisches Treiben und seltsam unorthodoxe Sounds begleiten hierbei den skurril anmutenden Whateverrr-Core. „Savage Sinusoid” bezeichnet das fünfte Opus des eklektischen Tonschöpfers Gautier Serre, der seinen ureigenen Stil selbst als Barrroque Core beschreibt. Er vermischt die verschiedensten Extreme zu einem interessanten und einmaligen Klangkunstwerk. Die kontrastreiche Musik bildet dabei arge Kontroversen und verbindet sie zu einem Klangkosmos, der aus einem anderen Universum zu stammen scheint. Ob nun mit enorm tiefergestimmte Gitarren, Post- oder Neo-Dubstep, Elektro, Death, Black Metal, Balkanmusik, Klassik, Barock oder indischen Klänge experimentiert wird, hinzu gesellen sich stets grotesk ausnehmende Richtungsänderungen, verschiedene kranke Gesangsausbrüche, mit verschrubbten elektronischen Spielereien jeglicher Gangart. Ich glaube der Frequenztüftler Gautier Serre hat ein paar Mal zu oft am Frosch geleckt, denn das dargebrachte Material, das er hier vom Stapel lässt, ist schon ein sehr speziell angereichertes Gemisch.

 

© Svarta PhotographyAllein schon in der Startrille zum Opener „Viande“ (Fleisch) verbirgt sich wildes Gekreisch, auf das tiefenverzerrte Riffbollwerke folgen, die sich mit total durchgeknalltem, unverständlichem Lautsprachengesang und absurdem Elektrogeschwurbel vermischen. Mit dem darauffolgenden „ieuD“  öffnet sich ein weiter Horizont, der in mehrere Paralleluniversen gleichzeitig zu stechen vermag. Mit Sitar unterlegter, heulender, verzweifelter, wild anprangernder, bis ins Ungestüme ausartender Gesang, der von Verlust zeugt und plötzlich in völlig verquere Post Dubstep Gefilde mit Operngesang oder abgehacktem Chor mit verzerrtem Kreischgesang abdriftet, ist schon echt harter Tobak. Die Arbeiten mit den verschiedenen Frequenzen macht jedoch Sinn, ist aber sicherlich nicht jedermanns Sache und mutet zum größten Teil doch arg abstrus an. Munter weiter geht es mit „Houmous“, einer russischen Extrem Dance Polka zu Blastattacken und verzerrten Hardcoretechnobeats, die mit schneller verspielter Schwurbeltrompete und hektischem Akkordeonspiel den Soundwust immer wieder elektronisch zu stimulieren vermag und mit Tetris- oder Computergamesounds der Achtziger endet. Der Spasmus der Musik steigert sich hierbei in eine durchgeknallte epileptische Spirale aus Kakophonie und Euphonie. Sie entwickelt ihre ganz eigene kaum zu durchblickende oder nachzuvollziehende Dynamik. Mit einem Stilbruch aus Post Trancehouse Hardcore Dubstep Beats, die zu elektronischen Fusionen, Stimulationen, Mutationen, diversen mutwilligen Frequenzüberschreitungen und sonstigen musikalischen Verwerfungen kredenzt werden, knüpft „Opus Brain“ da an, wo „Houmous“ aufgehört hat. Dazu werden immer wieder wildes Gekreisch und/oder Operngesang, orientalische Klänge, harte klangverzerrte Riffs und geisteskranker, männlicher Gesang eingestreut. Den Dialog hierzu bereiten die beiden, bereits von vorherigen IGORRR Outputs bekannten Stimmen von Laurent Lunoir und Laure Le Prunenec. © Svarta PhotographySchwer zu glauben, dass das alles zusammenpasst, was es aber seltsamerweise tut. „Problème d’émotion“ beschäftigt sich hingegen mit atmosphärisch verändertem Pianosound, bei dem die Spitzen hart herausklingen. Dieser wird mit einfühlsamem, aber kräftigem weiblichen Gesang angereichert, der mit frequenzgefährdeten, sequenziellen Andersartigkeiten einhergeht.

 

Die zweite Hälfte von „Savage Sinusoid“ verlangt dem Hörer nicht minder nervenzerreibende Konfusionen durch die vielschichtigen Akustikexperimente ab. „Spaghetti Forever“ birgt knarzenden Industrial Sound, den immer wiederkehrenden weiblichen Operngesang, wildes männliches Gekreisch, Orgelsounds und ein melancholisches Geigenspiel. Dann setzt ein fieses Doublebass/Blastbeat/Hardcore Technogestampfe ein, dass in ein akustisches, seicht gezupftes Saiteninstrumentenspiel übergeht. CATTLE DECAPITATIONs Travis Ryan, der während der nächsten beiden, aufeinanderfolgenden Tracks „Cheval” (Pferd) und „Apopathodiaphulatophobie” (das ist die Angst vor Verstopfung, was zur missbräuchlichen oder übermäßigen Einnahme von Abführmitteln führen kann), sowie bei „Robert” singt, bringt sich mit den verschiedensten, kranken Gesangsausbrüche nicht minder sanatoriumgeplagt in das Klangspektakel der Abartigkeit ein. Eigentlich ist der IGORRR Sound schon ganz schön durchgeknallt und mit einem absolut eigenständigen Alleinstellungsmerkmal behaftet, was Vergleiche mit ANAAL NATHRAKH, APHEX TWIN, MESHUGGAH oder STRAPPING YOUNG LAD fast schon als unangebracht erscheinen lassen. Genau dies ist es aber, was Gautier Serre mit seinem Industrial Infected Frequency Core beabsichtigt hat. Es gibt verdammt viel zu entdecken und Serre macht es seiner potentiellen Hörerschaft auch mit „Savage Sinusoid“ alles andere als leicht, aber das hatte er bei der Ausarbeitung des Materials zu IGORRR 5.0 auch definitiv nicht vor. Vielmehr ging es ihm darum, seine musikalischen Vorlieben auf äußerst schräge, eigenständige, gar eigenwillige Weise zu seinem ganz persönlichen Gesamtkunstwerk verschmelzen zu lassen. © Svarta Photography„Va te foutre“, was so viel bedeutet, wie „Geh fick dich selbst“ ist der neunte Track der musikalischen Anomalie und bietet neben Blastbeats mit durchgeföhntem Bassaxtspiel, elektronisches Geknarze und diverse kaum nachzuvollziehende Wechsel. Das bereits angesprochene „Robert“ ist ein skurriler Industrial Dubstep House Core Stampfer. Ein Klang-, Drum- und Beat-Durcheinander mit Akkordeon, sowie den unterschiedlichsten unerklärlichen Gegebenheiten und Aktionen. Den Rausschmeißer mit passenden Titel stellt die ausladende Piano-Oper „Au Revoir“ (Auf Wiedersehen), mit seinen starken und aussagekräftigen, gleichwohl einfühlsamen weiblichen Gesangsperformances, bei denen an manchen Stellen verschiedene Gesangsspuren übereinander gelegt wurden, um den Effekt mehrerer Sängerinnen zu erhalten. Mit Geige und Riffaxt wurden ihr zwei Saiteninstrumente anheim gestellt, mit denen angenehm bis deftig drauflos gejammt wird. All das und noch viel mehr gehört zum klassischen Endo- und Exoskelett von IGORRRs verwinkelten Soundkorridoren. IGORRR ist krass, aber IGORRR ist auch leider geil!!! Ich zolle jedem Respekt, der sich das hier zutraut!

 

Checkt doch einfach mal das Video zu „Opus Brain“ an:

https://www.youtube.com/watch?v=Z5Qk89_xMcs

 

Das official Video zu "ieuD":

https://www.youtube.com/embed/3zRU-VU87HI?ecver=1

 

Oder das official Video zu „Cheval“:

https://www.youtube.com/watch?v=UZzYxGZ7Hmc

 

(Janko)

 

http://igorrr.com

https://www.facebook.com/IgorrrBarrroque


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