Keep It True 2013
KEEP IT TRUE XVI
19. und 20. April 2013
Lauda-Königshofen
Vor Beginn des diesjährigen KEEP IT TRUE stellte sich schon die Frage, ob man die letztjährigen Begeisterungsstürme bei der NWOBHM-Party oder dem Arch/Matheos-Ohrenschmaus nochmals toppen könnte. Nun, um es vorweg zu nehmen, dies gelang zwar nicht, aber trotzdem war das KIT auch 2013 wieder ein voller Erfolg und mit einigen Highlights bestückt. BORROWED TIME, ELIMINATOR, AIR RAID und HIGH SPIRITS fielen leider der verspäteten Anreise zum Opfer, aber dann durfte die Party endlich volle Fahrt aufnehmen.
MORBID SAINT
Morbid Saint aus Wisconsin, dürften sich im Moment etwas verwundert die Augen reiben. Das einzige offizielle Album „Spectrum Of Death“, erschien 1988 bei einem Mini-Label und war eigentlich „nur“ als Demo gedacht. Über die Jahre und durch diverse Wiederveröffentlichungen, erlang das Album Kultstatus und nun sind die Jungs nach 25 Jahren erstmalig in Europa. Von der damaligen Besetzung sind noch Schreihals Pat Lind und Gitarrist Jay Visser am Start und die Europa Gigs finden auch ohne zweiten Gitarristen statt. Klampfer Jay macht das aber locker wett, so tight und schnell, wäre so mancher gerne. Morbid Saint stiegen mit „Destruction System, dem Titeltrack des letzten Demos, in das Set ein. Beim folgenden „Lock Up Your Children“, dem Opener des erwähnten Kult-Albums, gingen die ersten Reihen gleich steil. Nach der Ansage „Ok, let’s play the whole shit!“, gab es nun das komplette „Spectrum Of Death“ um die Ohren…in Farbe und 3D. Die Band war sehr tight, hat auch einen klasse Drummer in ihren Reihen, somit gab es eine volle Packung auf die Ohren. Mit „Thrashaholic“, als Rausschmeißer, war die Prügelorgie dann vorbei. Eine absolut starke Vorstellung, Respekt! Die Aufforderung von Fronter Pat, doch eine Wall Of Death zu machen, wurde allerdings mit einigen Stinkefingern und Pfiffen beantwortet, was dieser überrascht zur Kenntnis nahm und von weiteren Versuchen dieser Art absah. Solche Ferz gibt es hier nicht… (Schnuller)
QUARTZ
… entwischten aufgrund der vielen Begrüßungen des weltweiten KIT-Clans unseren Ohrmuscheln.
HOLOCAUST
Auf den Auftritt der schottischen Veteranen mit dem geschmackssicheren Namen war ich sehr gespannt, schließlich hatte ich sie noch nie live gesehen. Und neben dem Klassiker „The nightcomers“ kann ich auch den mitunter recht eigenwilligen späteren Alben durchaus etwas abgewinnen. Nun – John Mortimer und seine beiden nicht minder betagten, jedoch erst seit kurzem an Bord befindlichen Mitstreiter legten einen Gig hin, der nicht gerade die totale Abrißbirne war, aber bei welcher NWOBHM-Band kann man das schon behaupten. Hier gab es die wirklich alte Schule, den räudigen Charme der alten Tage von der Insel, ein paar neuere Songs wie „Expander“, ansonsten aber natürlich viel schönen alten Stoff. „Death or glory“, „Only as young as you feel“, „The nightcomers“…ja und natürlich die große Hymne, welche Holocaust ihren Platz im Metalolymp sicherte. Bei „Heavy Metal mania“ stand die Halle weitgehend Kopf; neben „Medieval Steel“ hatte ich mich auf keinen Song an diesem Wochenende so gefreut und wurde nicht enttäuscht. Mancher fand den Auftritt eher langweilig, aber wer noch ein paar funktionsfähige Augen und Ohren sein eigen nennt, wird mir zustimmen: Holocaust waren geil. (Till)
MEDIEVAL STEEL
Der absolute Extremfall einer Kultband. Medieval Steel, bringen es als einzige, offizielle Veröffentlichung auf eine 4 Track EP von 1984. Diese war allerdings mit der Hymne „Medieval Steel“ bestückt. Das kann Fluch oder Segen für eine Band sein, denn im Metal-Underground war der Kult um die Band schon seit Jahren riesig. Dementsprechend groß war auch der Andrang vor dem ersten Gig in Europa. Vom damaligen Line Up sind, soweit ich weiß, nur noch Sänger Bobby, sowie Basser Chuck mit von der Partie. Mit „War Machine“ wählte die Band einen neuen Song als Opener, bevor mit „Battle Beyond The Stars“ der erste Song der EP folgte. Auch im weiteren Verlauf des Sets, befanden sich viele neue Songs, was auch zu einigen Hängern in der Stimmung führte. Medieval Steel waren gut eingespielt, aber dass hier keine Jungspunde mehr auf der Bühne stehen, konnte man sich denken. Von den neuen, bzw. unbekannten Songs blieb mir nicht viel im Ohr hängen, so das man gespannt sein kann, wie das angekündigte Album ausfallen wird. Die ganze Halle fieberte aber auf diesen einen Song hin, der dann auch am Schluss endlich auf der Setlist stand. Auf der Warm-Up Party waren Medieval Steel schon überrascht, wie viele Fans den Song aus der Konserve mitsangen. Was jetzt passierte, war wieder mal Gänsehaut pur, wenn nicht der größte Moment in der Geschichte des Keep It True. Die komplette Halle sang diesen einen Song mit und fast durchgehend war das Publikum lauter als die Band. Ungläubige schauen und hören sich bitte eines der Videos auf YouTube an. Keine Ahnung, was die Band in diesem Moment gefühlt oder gedacht hat. Das war einfach unglaublich! Selbst den letzten, verdammt hoch gesungenen Refrain, bekam Bobby Franklin gut hin. Ein Moment zum niederknien, Amen! (Schnuller)
LIEGE LORD
Als nächstes waren Connecticut's finest US-Power-Metaller Liege Lord an der Reihe, die auf eigenen Wunsch die Positionen mit Possessed tauschten. Neben einem Wacken-Auftritt vor 14 Jahren konnte man die Band meines Wissens nach ansonsten noch nicht auf Deutschland's Bühnen begutachten. Was man diesbezüglich bislang verpasst hatte, wurde allen Anwesenden recht schnell klar. Mit einem Klasse-Sound stieg man mit dem Triple „Fear Itself“, „Eye Of The Storm“ und „Darktale“ ein und brachte damit bereits kräftig Stimmung in die Halle. Joe Comeau macht sofort deutlich, dass seine Stimme nichts von der Power früherer Tage eingebüst hat. Höhepunkte des Sets sind neben der Rainbow-Nummer „Kill The King“, das lauthals mit gegröhlte „Rage Of Angels“, „Master Control“ und der Rausschmeisser „Prodigy/Wielding Iron Fists“. Für mich definitiv der Höhepunkt des Festivals und ein Auftritt der Hoffnung auf ein angekündigtes neues Album macht. (Hansy)
POSSESSED
Nach einem doch recht langen Tag lichten sich die Reihen des Keep It True ein wenig als Possessed auf die Bühne kommen. Rollstuhlfahrer Jeff Becerra ist nach wie vor das einzig verbliebene Original-Mitglied der Truppe, der aber zumindest in Sachen Outfit und Spieltechnik Wert darauf gelegt hat, hier alles so authentisch wie möglich zu zelebrieren und eine ordentliche „Rumpel-Orgie“ auf die Bühne zu bringen. Mit „The Crimson Spike“ stellt man auch einen neuen Song vor, während der restliche Set natürlich aus Old-School-Brechern besteht, die am Ende mit „Death Metal“ eine zufriedene und ausgepumpte Hörerschaft zurück lassen. (Hansy)
EVIL INVADERS
Samstag Mittag, ca.12Uhr. Vor der Halle noch die eine oder andere Leiche begrüßt, die müden Augen noch mal über die Stände huschen lassen und auf einmal lichtet sich der Platz an den Ständen etwas. Der Grund ist Sekunden später auf der Bühne zu sehen. Evil Invaders aus Belgien haben, aufgrund einer Absage, den ersten Slot für den Samstag bekommen. Die vier Stretchjeansträger (Yeah!) sind die Band der Stunde…quasi. Die Debut EP ist gerade erst erschienen und wird in der Underground-Szene abgefeiert. Mich hat die Scheibe zwar schon überzeugt, die Vocals fand ich auf Konserve aber etwas anstrengend. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Fronter/Gitarrist Jöe die auch nur halbwegs so hinbekommt. Pustekuchen! Der Typ trifft selbst die höchsten Schreie, beeindruckend. Evil Invaders geben gleich höllisch Gas und vor der Bühne ist auch mächtig viel Bewegung. Auch meine Frau schaut begeistert zu, wie auch viele andere den Blick zur Bühne wenden. Die Jungs haben richtig Spaß, was bei den guten Reaktionen auch kein Wunder ist. Es lässt sich nicht abstreiten, dass Abwechslung bei den Jungs noch klein geschrieben wird, aber das wird noch. Für die frühe Stunde sind „Speed Invasion“ und „Driving Fast“ genau die richtige Ansage. Das Exciter Cover „Violence & Force“ passt wie die Faust aufs Auge und zeigt, das die Haupteinflüsse der Band zwar nicht Razor sind, aber zumindest in Kanada liegen. Allerdings gehen Evil Invaders schon etwas filigraner zu Sache als Exciter. Mal sehen, was von den Jungs noch zu hören ist. Der Start ist gelungen. (Schnuller)
ATTIC
Die Gelsenkirchener Attic überraschen mit einem fetten, klaren Sound, was um diese Uhrzeit auf dem Keep It True nicht immer automatisch gegeben ist. Von der ersten Beerdigung im Wald („Funeral In The Woods“) bis zur letzen in Form des Mercyful Fate-Tributs „Black Funeral“ hatte alles Hand und Fuß und logischerweise gedachte man während des Gigs auch aufgrund der geilen doppelläufigen Leads sehr gerne mal den ehemaligen Mitstreitern von King Diamond. Definitiv eine Band, die man sich auch zu einem späteren Zeitpunkt im Billing vorstellen kann und die man zukünftig bei der einen oder anderen Veranstaltung auch dort antreffen wird. (Hansy)
TORANAGA
Im Anschluss lieferten Toranaga einen ordentlichen Set ab, der allerdings bereits mit dem ersten Track „Hammer To The Skull“ sein bestes Pulver verschossen hatte. Erst am Ende konnte man mit „The Shrine“ nochmals richtig punkten und zwischendurch das Publikum nur selten zu mehr als Höflichkeitsapplaus bewegen, obwohl der UK-Thrash mit Doom-Anleihen technisch sauber präsentiert wurde. Aber allgemein erschien mir die Stimmung Samstags in der Halle in vergangenen Jahren schon deutlich besser gewesen zu sein. (Hansy)
MIDNIGHT
Mehr Begeisterung als zuvor Toranaga lösten die Clevelander Midnight aus. Irgendwo zwischen Venom und den Mentors – stets ausgestattet mit eingängigem Songmaterial – konnte man sich schnell Pluspunkte auch bei den KIT-Jüngern sammeln, die zuvor mit dem Namen Midnight wenig bis gar nichts anfangen konnten. So wurde der Set zu einem doch eher unerwarteten Highlight des zweiten Festivaltages. (Hansy)
OCTOBER 31
Noch so eine Band, die ich eigentlich schon immer mal live sehen wollte, bislang aber nicht die Gelegenheit dazu hatte. October 31 vertreten klar die Position des räudigen, traditionellen Undergroundmetals, und als die Band auf die Bühne kam, bestach King Flowley gleich mal mit dem geschmackvollsten Outfit des Wochenendes. Ein speckiges Shirt und eine Jogginghose, die er offenbar schon drei Wochen trug – in Kombination mit seiner Leibesfülle und der deutlichen Lichtung am Hinterkopf sah das so richtig schön asozial aus. Den Kerl könnte ich mir als White-Trash-Darsteller in einer Wohnwagensiedlung gut vorstellen, herrlich. Dazu die etwas verpeilten, versoffen klingenden Ansagen und eine powervolle Show, es war schon geil. Als Opener „Visions of the end“, weiter mit „The warlock“, ansonsten erinnere ich mich noch an „Powerhouse“ und „Salem’s curse“ sowie das Saxon-Cover „Power and the glory“, welches nicht unbedingt hätte sein müssen, aber egal. Mit ihrem Asi-Metal waren October 31 das perfekte Gegenstück zu den Headlinern Warlord, welche mich einige Stunden später restlos begeisterten. Daß King Fowley auch abseits der Bühne den sympathischen Proll raushängen ließ, machte ihn nur noch sympathischer. Hail! (Till)
LEGEND
… fielen in unseren Reihen leider dem Fußball bzw. der allgemeinen Hungersnot zum Opfer.
JACK STARR'S BURNING STARR
Jack Starr ist einer der letzten einer aussterbenden Rasse namens Guitar Hero und diese Position galt es heute zu festigen. Ein optisches Highlight hatte Jack in Form der zweiten Gitarristin Marta Gabriel (von der polnischen Band Crystal Viper) dabei. Musikalisch sorgten zudem Ex-Manowar-Drummer Rhino und Sänger Michael Todd Hall für weitere Glanzpunkte. Das Songmaterial des Herrn Starr ist aber größtenteils nur als gutklassig zu bezeichnen, wobei „Sands Of Time“ oder „Evil Never Sleeps“ noch am ehesten hervor stechen. Auf Virgin Steele Songs, zu denen Starr während den ersten zwei Scheiben plus einer EP in den Jahren 1982/3 zählte, wurde gänzlich verzichtet. Nett, aber mehr auch nicht. (Hansy)
STEEL PROPHET
Der zweite Rollstuhlfahrer des Festivals hört auf den Namen Rick Mythiasin und ist der Sänger von Steel Prophet. Im Gegensatz zum Possessed-Fronter Jeff Becerra handelt es sich hier aber nicht um einen Dauerzustand. „Too much alcohol and drugs“ haben laut eigener Aussage dazu geführt, dass sich beide Beine in gebrochenem Zustand befanden. Kein Grund für Rick auf eine ausgiebige Party an diesem Wochenende zu verzichten und auch auf der Bühne eine Topleistung abzurufen und sich sogar zur Anfeuerung des Pulikums immer wieder am Mikrofonständer hochzuziehen.. Auch Mainman Steve Kachinsky wirkt völlig aufgedreht und hüpft Flummy-mässig über die Bühne, während Basser Vince Dennis barfüssig die Bühne rockt. Gegen Ende des Sets bietet die Band mit dem Queen-Cover „Bohemian Rhapsody“ noch eine völlig unerwartete Nummer, die aber natürlich begeistert aufgenommen wird, ehe nach „Strange Encounter“ endgültig Schicht im Schacht ist. Somit avancierten Steel Prophet zum Tagessieger! (Hansy)
ANGEL WITCH
Die letzte NWOBHM-Fuhre des Festivals gab es in Form von Angel Witch. Kevin Heybourne liefert zwar technisch eine einwandfreie Show, ist aber nach wie vor alles andere als ein mitreißender Frontmann. Was soll's … „White Witch“ oder „Angel Of Death“ bringen die Menge auf Betriebstemperatur ehe am Ende bei „Angel Witch“ die komplette Halle den Refrain gleich sackweise wiederholend mittrötet. Solide Geschichte mit einem unsterblichen Klassiker am Ende … typisch Angel Witch halt. (Hansy)
WARLORD
Anscheinend haben technische Probleme dazu geführt, dass Warlord erst über eine halbe Stunde später auf die Bühne gehen als geplant und dann mit einem derart miesen Sound, bei dem vor allem keine Gitarre zu hören war, dass ein Meisterstück wie „Deliver Us From Evil“ vom ersehnten Höhepunkt zum Rohrkrepierer wird. Zwar schafft es der Mischer im Laufe von „Winter Tears“ und „Child Of The Damned“ den Sound hinzubiegen, aber die erste Euphorie ist erstmal dahin. Sänger Giles Lavery hätte ich allerdings ein wenig mit Hall und Echo aufgepeppt, um den Originalversionen näher zu kommen, auch wenn dieser ansonsten einen tadellosen, wenngleich uncharismatischen Job abgeliefert hat. Mit „Mrs. Victoria“, „Lost And Lonely Days“ und dem göttlichen „Aliens“ zieht man die Fans endlich in den Bann und vor allem der unglaubliche und einzigartige Drum-Stil von Mark Zonder verzückt einen immer wieder. Mit gleich vier neuen Stücken in Folge lässt man jedoch die Stimmung in der Halle wieder nach unten sinken, denn nur die allerwenigsten sind mit dem neuen Material bereits vertraut. „War In Heaven“, „Winds Of Thor“, „Lucifer's Hammer“ und „Achilles' Revenge“ bilden dann aber einen versöhnlichen Abschluss. (Hansy)