Paganfest (Frankfurt 2015)
Paganfest, 26 3.15, Frankfurt, Batschkapp
Lange nicht beim Paganfest gewesen – allzu abwechslungsarm das Billing mit den allesamt schon reichlich gesehenen Bands. Aber nach Jahren der Abstinenz kann man auch mal wieder hingehen, und außerdem wollte ich endlich mal die neue Batschkapp sehen. Nett geworden ist sie, wenngleich der Charme des angestammten Clubs fehlt. Aber schließlich soll dies kein Review über Frankfurter Lokalitäten sein.
Frosttide
Stattdessen gab es pünktlich um 18.15 Uhr eine finnische Folk Metal-Invasion zu begutachten. Die mir bislang unbekannten Frosttide ließen jedoch nicht lange grübeln, wo sie ihr Handwerk gelernt hatten. Vermutlich wird den Finnen der Metal doch in die Wiege gelegt, so gab es zum Auftakt des Abends eine Runde vom Faß aus der Ensiferum-Schule. War nicht verkehrt, Frosttide bemühten sich eifrig um wildes Stageacting und versuchten, das beste aus ihrer Openerposition zu machen. Allzu viele Fans waren zu solch früher Stunde noch nicht versammelt, die Anwesenden nahmen Frosttide aber recht gut auf. In der Tat konnte man anschließend behaupten, schon wesentlich schlechtere Vorbands gesehen zu haben.
Obscurity
Mein Hauptgrund für den heutigen Besuch war als nächstes an der Reihe. Obscurity hätten an sich einen höheren Platz im Billing verdient gehabt, aber man muß nehmen, was man kriegen kann. Und Obscurity wären nicht sie selbst, wenn sie nicht ohne Rücksicht auf Verluste eine kraftvolle, aggressive Metalshow auf die Bretter legen würden. Ob „Bergischer Hammer“, „Obscurity“ oder neue Songs wie „Vintar“ und „Naglfar“, Obscurity sind nicht die Meister der filigranen Kunst, ihre eingängigen und durchschlagskräftigen Songs zünden aber immer. Den Publikumsreaktionen nach zu urteilen haben sich die Bergischen Löwen mittlerweile auch eine beachtliche Fanbasis erspielt und wurden entsprechend gefeiert. Nächstes Mal dann hoffentlich mit einem deutlich längeren Set.
Heidevolk
Einst Geheimtip, mittlerweile Dauergast auf deutschen Bühnen – wieder mal Zeit für Heidevolk. Mit dem doppelstimmigen klaren Gesang statt des Standardgekreischs bleibt ihnen ein gewisser Exotenstatus in der Szene erhalten, dürfte aber niemanden stören. Tatsächlich haben es die Niederländer geschafft, sich einen Status zu erarbeiten, welcher sie als nicht mehr aus der Pagan Metal-Gemeinde wegzudenken zementiert. Und hochwertiges Material haben sie ja nun auch einiges zu bieten. Zwar bleibt das „Vulgaris magistralis“-Cover der Hit der Band, aber zahlreiche mit zahlreichen veröffentlichten Alben haben sie mittlerweile ein amtliches Repertoire guter Nummern in der Hinterhand. Und ich bin mir sicher, daß Heidevolk ihren Zenit noch nicht überschritten haben.
Turisas
Was auf Turisas schon eher zutreffen könnte. Natürlich ist die Band heute erfolgreicher denn je, was an euphorischen Reaktionen der Fans abzulesen war, jedoch kann das neuere Material nicht mehr mit den alten Gassenhauern mithalten. Die besten Turisas-Songs waren eben auf „Battle Metal“ und „The Varangian Way“ enthalten. Zwar ist der Band die viele Liveerfahrung anzumerken, man präsentierte sich sehr professionell, doch die rauhe Unbekümmertheit der Anfangstage ließ den Funken einfach besser überspringen. Gelangweilt habe ich mich nicht, aber Turisas konnten mich heute nicht begeistern, obgleich ich sie lange nicht gesehen hatte. Die Fans forderten als Zugabe vehement das nahezu obligatorische „Rasputin“-Cover, wohingegen die Band stattdessen „It’s a sin“ von den Pet Shop Boys kredenzte und auch hier gegenüber der Gamma Ray-Version klar den kürzeren zog. Für mich leider der uninteressanteste Auftritt des Abends.
Wintersun
Zum Abschluß dann die gewohnte Portion finnischen Größenwahnsinns. Jari Mäenpää wirkte überaus motiviert, als er strahlend auf die Bühne sprang, das dicke Grinsen wich ihm auch während des kompletten Gigs kaum aus dem Gesicht. Wenn er nicht gerade weinerliche Internetpostings verfaßt, weil ihm Nuclear Blast kein eigenes Studio bauen wollen, kann er offenbar noch richtig Spaß haben. Wintersuns Musik ist ja nicht gerade für die Bühne prädestiniert, trotzdem funktionieren die langen, komplexen Songs live sehr gut und werden nicht langweilig. In der nordisch-schwermütigen Atmosphäre ließ sich das Publikum gerne fallen, auch wenn ab der Hälfte deutliche Abwanderungstendenzen zu beobachten waren. Was sicherlich mit der Uhrzeit zu tun hatte, vielleicht überforderte das Wintersun-Material aber auch Teile der Anwesenden. So ganz ohne Sauflieder und metseliges Gegröhle kommt halt nicht jeder klar. Die verbliebenen Fans bekamen aber eine tolle Show geboten, welche neben Obscurity das Highlight des Abends darstellte. Jetzt bleibt nur zu hoffen, daß Herr Mäenpää es schafft, in halbwegs absehbarer Zeit das neue Album „Time II“ fertigzustellen und zu veröffentlichen.
Bericht und Fotos: Till